Die In-vitro-Fertilisation (IVF) wird oft auch als künstliche Befruchtung bezeichnet. Diese Bezeichnung ist nicht ganz korrekt, da der Samen die Eizelle auf natürliche Weise befruchtet. Hier findet die Befruchtung nicht im weiblichen Körper, sondern im Reagenzglas im Labor statt. Die Befruchtung wird also in einem Reagenzglas durchgeführt.
Mediziner sprechen auch von einer „extrakorporalen Befruchtung", also einer Befruchtung außerhalb (=extra) des Körpers (=corpus). Das erste Baby war die Engländerin Louise Brown, das 1978 nach einer IVF auf die Welt kam. Seitdem wird die IVF in der Behandlung des unerfüllten Kinderwunsches eingesetzt. Weltweit sind insgesamt 3 Millionen Kinder mit Hilfe der künstlichen Befruchtung entstanden (Stand 2006).
Wann wird eine IVF angewendet?
Eine IVF wird vor allem in folgenden Fällen durchgeführt:
- Die Eileiter sind verschlossen oder fehlen ganz.
- Die Zeugungsfähigkeit des Mannes ist herabgesetzt.
- Die Frau produziert Antikörper gegen die Samenzellen.
- Andere Methoden haben versagt und zu keiner Schwangerschaft geführt.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Voraussetzungen seitens des Paares für die Behandlung sind folgende:
- Hinreichende Aussicht auf Erfolg (dies ist auch der Grund, der von den Krankenkassen übernommenen IVF-Behandlungen auf maximal 3).
- Das Paar muss verheiratet sein (Voraussetzung für die Ärzte und für die Kostenübernahme der Krankenkassen).
- Ei- und Samenzellen dürfen nur von dem behandelten Paar verwendet werden.
- Beratung über die medizinischen, psychischen und sozialen Aspekte der IVF durch einen Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt.
- Durchführung nur durch ermächtigte Ärzte oder unter Aufsicht derselben.
- Negativer HIV-Status beider Partner.
- Rötelnimmunität der Frau.
- Alter der Frau < 40. Dies gilt aber nur für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Eine Behandlung ist natürlich auch später möglich, nur müssen hier die Kosten selbst getragen werden. Zudem darf der Mann nicht älter als 50 Jahre alt sein und beide nicht jünger als 25.
- Die IVF ist indiziert, wenn eine Tubenschädigung nicht operativ behoben werden kann.
- Nach einer Geburt ergibt sich erneut ein Anspruch auf eine Behandlung.
Wie wird die IVF durchgeführt?
Zunächst wird in einem ausführlichen Gespräch der Sinn, die Vorgehensweise, die Risiken und die Erfolgschancen der geplanten Behandlung mit dem Paar besprochen und erörtert.
Die IVF besteht aus mehreren Schritten.
Diese sollen im folgenden kurz erläutert werden:
Hormonbehandlung
Das Verfahren wird meist mit einer Hormonbehandlung kombiniert, damit mehrere Eibläschen in einem Behandlungszyklus gleichzeitig heranreifen (Ovulationsinduktion). Normalerweise entwickelt sich nämlich auf natürliche Weise nur eine Eizelle innerhalb eines Zyklus. Daher wird vor einer IVF eine Behandlung mit Hormonen durchgeführt, um genügend befruchtungsfähige Eizellen aus den Eierstöcken zu gewinnen.
Die IVF kann aber auch bei einem normalen Zyklus ohne Hormone durchgeführt werden. Meistens empfiehlt der Arzt jedoch die Eierstöcke mit Hormonen zu stimulieren, damit mehrere Eizellen reifen.
Es können folgende Hormone eingesetzt werden:
- Clomifentabletten (alleine)
- Clomifentabletten und Spritzen mit rekombinantem FSH oder HMG
- Spritzen mit rekombinantem FSH oder HMG (alleine)
- FSH oder HMG in Kombination mit einem GnRH-Agonisten
- FSH oder HMG in Kombination mit einem GnRH-Antagonisten
Einige Frauen spritzen sich die Hormone selbst oder lassen sie sich von ihrem Partner verabreichen.
Kontrolle der Eizellreifung
Bereits vor der Hormonbehandlung werden die Gebärmutter und Eierstöcke untersucht und anschließend regelmäßig beobachtet, wie die Eibläschen (Follikel) wachsen.
Anhand von Blutproben und der Bestimmung bzw. Messung bestimmter Hormone (Östradiol, LH und Progesteron), wird der günstigste Zeitpunkt bestimmt, um den Eisprung auszulösen.
Auslösung des Eisprungs
Der Eisprung funktioniert manchmal von selbst. Meist löst jedoch der Arzt den Eisprung aus, indem er das Schwangerschaftshormon HCG injiziert.
Entnahme der Eizellen
Zu einem richtigen Zeitpunkt, etwa 36 Stunden nach der Injektion von HCG, werden der Frau mit einer feinen Nadel befruchtungsfähige Eizellen aus den Eierstöcken entnommen. Dieser Eingriff wird auch als Follikelpunktion bezeichnet. Der Eingriff erfolgt meist durch die Scheide, selten durch die Bauchhöhle mittels einer Bauchspiegelung. Nach der Punktion können leichte Blutungen auftreten. Nicht immer lassen sich befruchtungsfähige Eizellen finden.
Samengewinnung
Die Samenflüssigkeit wird mit Hilfe von Masturbation gewonnen. Der Mann kann masturbieren, wo er möchte: Zu Hause, im Labor oder sonst wo. Wichtig ist nur, dass die Samenflüssigkeit möglichst rasch und keimfrei ins Labor kommt. Hier werden die Samenzellen vom Prostatasekret befreit und aufbereitet. Manchmal werden die Samenzellen direkt aus dem Nebenhoden bzw. dem Hoden (MESE oder TESA) gewonnen.
Befruchtung und Anzüchtung der Eizellen
Die gewonnen Eizellen werden nun im Labor mit den Samenzellen des Mannes zusammengebracht. Die Befruchtung findet im Reagenzglas statt. Die Zellen bleiben etwa 24 Stunden in einem Wärmeschrank bei etwa 37°C. Nach 24 Stunden prüft der Arzt, ob eine Samenzelle die Eizelle befruchtet hat.
Übertragung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter oder den Eileiter
Hat eine Befruchtung stattgefunden, so wird etwa drei Tage später die befruchtete Eizelle (Embryo) schließlich in die Gebärmutterhöhle der Frau eingebracht. Die befruchtete Eizelle wird zunächst mit etwas Nährlösung in einem dünnen, biegsamen Katheter aufgezogen und dann in die Scheide eingeführt. Der Embryo wird dann in der Gebärmutter oder einem Eileiter platziert. Dieser Eingriff ist in der Regel schmerzfrei.
In einigen Fällen werden manchmal sogar zwei, maximal aber drei Embryonen übertragen.
Etwa 2 Wochen nach der Übertragung der befruchteten Eizelle(n) wird der Frau Blut entnommen, um den HCG-Wert zu bestimmen. Der Arzt sieht an der Höhe des Wertes, ob die Frau schwanger geworden ist oder nicht. Nach einem Monat kann die Schwangerschaft mittels Ultraschall genauer beurteilt werden.
Nach einer Embryoübertragung liegt die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft im Durchschnitt bei knapp 30 Prozent. Das heißt also, dass etwa jede dritte Übertragung zu einer Schwangerschaft führt. Je mehr Embryonen übertragen werden, desto besser sind die Aussichten auf das Wunschkind.
Gesetzliche Regelungen der IVF
Durch die gesetzlichen Regeln wird die Gefahr der Mehrlingsgeburten verringert. Bei der IVF greifen die gesetzlichen Regelungen sehr streng. Hierbei ist vor allem die Anzahl der Wiedereinpflanzung von Eizellen auf drei begrenzt. Dadurch ist die Erfolgswahrscheinlichkeit höher, als wenn nur eine befruchtete Eizelle eingepflanzt wird.
Nicht immer ist das Einsetzen von mehr als einer befruchteten Eizelle sinnvoll. Durch die Begrenzung wird gleichzeitig vermieden, dass viele Frauen mehr als drei Kinder auf einmal bekommen. Diese gesetzliche Regelung gilt nur in Deutschland. In anderen Ländern sieht die Sache wiederum ganz anders aus.
Wie erfolgreich ist die IVF?
Die Schwangerschaftsrate ist in hohem Maße von der zur Sterilität führenden Störung und dem Alter der Frau abhängig. Pro Transfer liegen die Schwangerschaftsraten bei circa 25 Prozent. Man muss damit rechnen, dass etwa 20 Prozent der Schwangerschaften in einer meist frühen Fehlgeburt enden. Die Erfolgsrate der IVF, bei der die Geburt eines gesunden Kindes erfolgt, liegt bei etwa 20 Prozent.
Welche Risiken können auftreten?
- Verletzung von Gefäßen durch die Eizellentnahme.
- Potentielle Gefährdung von Darm und Nerven.
- Ovarielle Überstimulation durch die Hormonbehandlung. Die Eierstöcke vergrößern sich stark, so dass die Eibläschen in der Folge zu viele Hormone produzieren.
- Durch die Überstimulation kann es zu Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Blutgerinnungsstörungen oder Atemnot kommen.
- Erhöhte Gefahr von Eileiterschwangerschaften (circa 5 Prozent).
- Zahl der Drillingsschwangerschaften ist ebenfalls erhöht (circa 3-4 Prozent).
Wer trägt die Kosten für die IVF?
Meist tragen die gesetzlichen Krankenkassen anteilig 50 Prozent der Kosten für die Medikamente und die Therapie. Bleibt der Erfolg aus, zahlen die Kassen 2 weitere Versuche.