Die Proktologie ist ein Teilgebiet der Medizin, das vornehmlich auf Erkrankungen des Enddarms spezialisiert ist. Der Enddarm besteht aus zwei Anteilen, dem Mastdarm (Rectum), sowie dem Analkanal, der der Ausgang des Darmes ist. Dieser wird von zwei Schließmuskeln umfasst. In der Medizin spricht man auch von Sphinkteren. Der Enddarm ist das untere Ende des Dickdarms.
Über 50 Prozent aller Erwachsenen entwickelt irgendwann eine Erkrankung, die den Enddarm betrifft und wird im Zuge dessen in Kontakt mit einem Proktologen kommen. Ein Proktologe ist ein Arzt, der sich mit proktologischen Erkrankungen beschäftigt. Dies kann zum Beispiel ein Frauenarzt sein, der eine entsprechende Weiterbildung für Proktologie gemacht hat. Die Prokto-, aber auch die Rektoskopie sind Bestandteil der Diagnostik für Krankheiten proktologischer Natur.
Bei der Proktoskopie selbst handelt es sich um ein bildgebendes Untersuchungsverfahren, bei dem vor allem der Analkanal betrachtet wird. Man spricht daher auch von der Analkanalspiegelung. Aber auch die unteren Abschnitte des Rektums können dargestellt werden. Für die Untersuchung wird ein sogenanntes Proktoskop verwendet. Der Mastdarm, oder Rectum, ist ein Teil des Enddarms, auf den nach unten zum After hin der Analkanal folgt.
Bei der Rektoskopie (Spiegelung des Rektums), ebenfalls ein bildgebendes Untersuchungsverfahren, kann das gesamte Rektum betrachtet werden. Als Instrument dient hier das Rektoskop. Das Rektum hat ungefähr eine Länge von 12 bis 15 cm.
In der Gynäkologie sind proktologische Erkrankungen sehr häufig. Die Rektoskopie und Proktoskopie sind Bestandteil der Weiterbildung für Proktologie, die für Gynäkologen (Frauenärzte) angeboten wird.
Bei dem Proktoskop handelt es sich um ein festes, sieben bis 13 Zentimeter langes und circa zwanzig Millimeter dickes Rohr mit einem Kanal, über den im Laufe der Behandlung weitere Instrumente eingeführt werden können. Außerdem verfügt es über eine Lichtquelle und eine Optik mit Lichtleitung. Das Proktoskop besteht aus Metall, oder Plastik. Das Rektoskop ist circa 20 bis 30 Zentimeter lang, ungefähr 20 Millimeter dick und verfügt über ähnliche Vorrichtungen wie das Proktoskop.
Es gibt verschiedene Gründe warum ein Arzt seiner Patientin eine proktologische Untersuchung anraten könnte. Beispielsweise kommen häufig Patientinnen zu ihrem Gynäkologen, weil sie ein Brennen, oder Jucken in der Analgegend verspüren, oder auch ein drückendes Gefühl im Enddarm. Manchmal treten auch regelrechte Schmerzen, ein nässender Ausschlag, eine Blutung, oder die Bildung von kleinen Knötchen auf. Die Symptome (= Anzeichen einer Krankheit) können sehr verschieden sein. Nicht selten sind die Beschwerden nicht konstant, sondern werden mal besser, dann wieder heftiger.
In diesen Fällen ist es also Aufgabe des Proktologen, die Ursache dieser Symptomatik auf den Grund zu gehen, um eine geeignete Therapie in die Wege zu leiten. Zu den proktologischen Erkrankungen, die am häufigsten vorkommen, gehören unter anderem Hämorrhoiden, Kondylome, Perianalvenenthrombosen, aber auch Analfissuren, Abszesse und Fisteln, sowie ein Analekzem. Marisken finden sich ebenfalls recht häufig. Selten findet sich auch ein Darmkrebsbefund.
Die Hämorrhoiden, auch als "innere Hämorrhoiden" bezeichnet, entstehen, wenn ein arterio-venöses Geflecht, also eine Art Gefäßpolster, vergrößert ist und darüber Beschwerden bereitet. In diesen Schwellkörper führen Gefäße, und zwar bei 3, 7 und 11 Uhr. Daher ist zu verstehen, dass die Hämorrhoiden vornehmlich an diesen Stellen entstehen. Bei den Hämorrhoiden werden verschiedene Stadien eingeteilt:
Man geht davon aus, dass bei der Bildung von Hämorrhoiden unter anderem eine ballaststoffarme Kost, wenig Flüssigkeitszufuhr, zu wenig Bewegung und ein erhöhter Druck in besagtem Gefäßgeflecht eine Rolle spielen. Das bedeutet aber nicht nur, dass das Pressen beim Toilettengang ein Risikofaktor ist, sondern für den gynäkologischen Bereich, dass auch das Pressen während der Entbindung und allgemein die Schwangerschaft die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Hämorrhoiden erhöht.
Die Patientinnen kommen bei Hämorrhoiden häufig zu ihrem Frauenarzt, weil sie ein Druckgefühl im unteren Darmbereich verspüren, oder die Haut in der Analregion gereizt ist. Manchmal tritt ein Juckreiz und Nässen auf. Schmerzen kommen bei den Hämorrhoiden in der Regel nicht vor, es sei denn, die Hämorrhoiden sind sehr groß.
Als Therapie werden häufig Salben und Cremes verschrieben, die aber nur die Reizungs- und Entzündungszustände lindern. Gegen die Hämorrhoiden selbst hilft häufig für einen weichen Stuhlgang zu sorgen, da sie sich dann oft wieder zurückbilden. Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind Methoden, die ambulant erfolgen können, wie eine Sklerosierung, oder eine Gummibandligatur und schließlich verschiedene operative Verfahren.
Die Sklerosierung wird vor allem durchgeführt, wenn Hämorrhoiden im Stadium I, aber auch Stadium II vorliegen. Dann wird über der Hämorrhoide eine Substanz injiziert, die durch eine Vernarbung die Blutversorgung zur Hämorrhoide vermindert und darüber dazu führt, dass sich der Knoten verkleinert. So erreicht man auch einen Blutungsstop, wenn die Hämorrhoide blutet. Die Methode der Gummibandligatur eignet sich vornehmlich für das Stadium II. wird über die Hämorrhoide ein Gummi gelegt. Dies hat zur Folge, dass die Hämorrhoide abstirbt und dann abfällt.
Hat ein Verödungsversuch und weicherer Stuhlgang nicht den erhofften Erfolg gebracht, oder liegen Hämorrhoiden des Stadiums III, oder IV vor, können operative Verfahren angewandt werden. Dabei können die Hämorrhoiden einerseits herausgeschnitten werden, andererseits ist es aber auch möglich die Hämorrhoiden an die Darmwand zu "Tackern", damit sie nicht mehr heraustreten können. Dies wird mit einem speziellen Gerät, dem Stapler, durchgeführt. Es ist leicht nachvollziehbar, dass bei der letzteren Methode, bei der man auch von der "Operation nach Longo" spricht, häufiger Rückfälle auftreten.
Bei blutenden Hämorrhoiden ist es seit kurzem auch möglich das zuführende Gefäß per Ultraschallgerät zu unterbinden. So kann die Blutung gestoppt werden. Diese operative Methode ist die hemorrhoidal artery ligature, oder kurz HAL. Hämorrhoiden bei einer schwangeren Patientin und Hämorrhoiden, die nach der Entbindung auftreten, verschwinden meistens nach einigen Wochen wieder, daher sollten therapeutische Maßnahmen hier vorsichtig erfolgen. Wenn allerdings ein großer Befund vorliegt, der bestehen bleibt, können oben genannte Therapien nach dem Wochenbett angegangen werden. Bis dahin können Salben und ein weicher Stuhlgang Linderung bringen.
Kondylome, auch Feigwarzen, oder Condylomata acumitata genannt, gehören zu den Krankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden können. Kondylome sind Wucherungen, die mehrere Zentimeter groß sein können. In der Regel sind sie eher rot, können aber auch braun, oder eher weiß sein Der ursächliche Krankheitserreger ist das humane Papillom-Virus, das man in der Medizin abgekürzt auch als HPV bezeichnet. Feigwarzen treten nicht nur auf den Geschlechtsteilen auf, sondern auch im gesamten Enddarm und am After. Meist liegen sie in großer Menge vor. Bei Vorliegen von Feigwarzen kann ein Juckreiz und Brennen auftreten. Manchmal treten auch leichte Blutungen auf, wenn die Haut, die an die Warzen grenzt, etwas aufreißt.
Zur Behandlung von Kondylomen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es können antivirale Salben eingesetzt werden, die Feigwarzen können mit Kälte behandelt werden (Kryotherapie), sie können verätzt werden, oder auch mittels chirurgischer Methoden (Skalpell, Laser) entfernt werden. Wichtig ist, dass immer beide Geschlechtspartner behandelt werden sollten. Einige Wirkstoffe, die in den Salben vorkommen, die zur Therapie eingesetzt werden, dürfen nicht eingesetzt werden, wenn eine Schwangerschaft besteht.
Die Perianalvenenthrombose, wird auch als äußere Hämorrhoiden, Analvenenthrombose, oder nur als Analthrombose bezeichnet. Manchmal wird hier auch fälschlicher Weise der Begriff Hämorrhoiden verwendet. Die Perianalvenenthrombose ist eine sehr häufig vorkommende Erkrankung. Sie entsteht dadurch, dass im Bereich des Afters eine kleine Vene kaputtgeht. Über eine Einblutung unter die Haut bildet sich ein kleines Blutgerinnsel (Thrombus). Dieses kann als Knoten einer Größe von ein bis zwei cm gesehen und getastet werden. Die Patientinnen verspüren in der Regel sehr starke Schmerzen. Diese treten plötzlich auf, nicht selten nach festem Stuhlabgang und bleiben in Ruhe und Bewegung bestehen.
Als Therapie bietet sich an das Gerinnsel unter einer lokalen Betäubung mittels eines kurzwirksamen Lokalanästhetikums (Betäubungsmittel) herauszuschneiden. Auch eine eventuell vorliegende Schwangerschaft steht diesem Vorgehen prinzipiell nicht entgegen. Durch die Herauslösung des Thrombus wird eine schlagartige Schmerzfreiheit erreicht. Besteht die Thrombose allerdings schon seit mehreren Tagen, so wird häufig abgewartet, bis sich die Beschwerden von selbst wieder geben, was meist innerhalb von drei bis fünf Tagen geschieht.
Die Analfissur, auch Analriss, oder Afterriss genannt, ist eine proktologische Erkrankung, die ebenfalls sehr oft vorkommt. Hierbei kommt es, wie der Name bereits sagt, dazu, dass die Haut des Afters etwas einreißt. Dies kann beispielsweise passieren, wenn der Stuhl sehr hart ist. Häufig kommt so etwas bei alten Menschen vor, aber auch bei Frauen, die gerade stillen. Eine Analfissur ist, vor allem wenn sie frisch aufgetreten ist, häufig mit sehr starken Schmerzen verbunden.
Die Therapie der Analfissur besteht zunächst darin den Stuhl etwas weicher zu machen und dafür zu sorgen, dass die Patienten den Schließmuskel nicht verspannen, was den Heilungsprozess verzögern würde. Hierfür kann beispielsweise ein Analdehner verwendet werden. In schwereren Fällen kann auch mit einer Injektion von Botox (Botulinum-Toxin) eine teilweise Erschlaffung des Schließmuskels erwirkt werden. Gegen die Schmerzen kann dann noch ein lokal wirkendes Betäubungsmittel in Salbenform verschrieben werden.
Heilt die Fissur nicht aus, kann eine operative Behandlungsalternative, die Fissurektomie durchgeführt werden. Die Fissur wird hierbei einfach herausgeschnitten. Man erhält so eine frische Wunde, die dann in der Regel recht zügig abheilt. Allerdings sollte auch hier auf die Entspannung des Schließmuskels Wert gelegt werden, um die Heilung zu unterstützen.
Perianale Fisteln und Abszesse werden auch Analfistel, Analabszess und periproktitischer Abszess genannt. Sie entstehen dadurch, dass sich Drüsen im Analkanal entzünden und diese Entzündung sich bis zur Hautoberfläche ausbreitet. Auf der Haut in der Umgebung des Afters entsteht dann eine schmerzhafte Stelle, ein sogenannter Abszess. Dieser ist mit Eiter gefüllt und geht entweder von alleine auf, oder er wird aufgeschnitten und ausgeräumt. Was bleibt, ist ein Gang, der von der Hautoberfläche bis zum Analkanal führt. Dies ist eine sogenannte Fistel. Die Therapie des Analabzesses besteht in der Regel darin ihn zu eröffnen und auszuräumen, was unter Betäubung geschieht. Die Fistel bleibt zunächst bestehen, wird aber nach einigen Wochen ebenfalls operativ beseitigt.
Ein Analekzem ist ein nässender Ausschlag im Bereich des Afters. Meistens sind vergrößerte Hämorrhoiden die Ursache dafür, aber auch eine falsche Analhygiene kann ein Analekzem verursachen. Dieses macht sich meist durch ein Brennen und Juckreiz bemerkbar. Als Therapie wird eine Analhygiene mit reinem Wasser empfohlen. Zusätzlich können bestimmte Cremes zur Anwendung kommen, die den betroffenen Bereich trocken halten.
Marisken sind lediglich kleine Hautlappen um den After herum. Es kommt häufig vor, dass sie mit Hämorrhoiden verwechselt werden, entstehen aber eher als deren Folge, oder in Folge einer alten Aftervenenthrombose. Da Marisken prinzipiell keinen Krankheitswert haben, muss man sie meist auch nicht behandeln. Es ist allerdings möglich, dass sie bei der Hygiene solche Probleme machen, dass sie letztendlich doch operativ entfernt werden.
Darmkrebs entsteht am häufigsten in den unteren Abschnitten des Darms. Ein erhöhtes Risiko einen Krebs zu entwickeln haben Patienten, die Polypen im Darm haben. Es kommt dabei oft zu Blut- und Schleimabgängen, Durchfällen, oder Verstopfungen, sowie zu einem manchmal recht radikalen Gewichtsverlust. Schmerzen treten meist erst auf, wenn die Krebserkrankung schon fortgeschritten ist. Da Darmkrebs bei Frauen wie Männern ein sehr häufiger Krebs ist, empfehlen sich regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Proktologen.
Um den Darm beurteilen zu können, ist es nötig ihn vor der bevorstehenden Untersuchung von Stuhl zu befreien. Häufig wird den Patienten hierfür etwa eine halbe Stunde vor der Behandlung ein Klysma (Miniatur-Einlauf) verabreicht. Manchmal geschieht dies aber auch durch einen Einlauf.
Bei der Proktoskopie können die letzten zehn Zentimeter des Enddarms und der Analkanal untersucht werden. Falls es nötig ist, können dabei mit speziellen Instrumenten beispielsweise auch Gewebsproben entnommen werden. Vor dem Einführen des Proktoskops wird in der Regel zuerst die Analregion inspiziert und eine rektale Palpation (Tasten) mit Gleitmittel durchgeführt.
Der Patient liegt dabei auf der linken Seite, oder sitzt in einem Stuhl, der einem Gynäkologenstuhl sehr ähnlich ist. Das Proktoskop wird mit Gleitmittel eingerieben und dann mit leichtem Druck in den Analkanal eingeführt. Die Untersuchung selbst ist nicht schmerzhaft und hat in der Regel eine Dauer von nur zehn bis fünfzehn Minuten.
Die Rektoskopie kommt zur Beurteilung des Mastdarms zur Anwendung. Auch vor der Rektoskopie wird der Darmausgang betrachtet und der Analkanal mit Gleitmittel ausgetastet. Der Patient wird in Seitenlage gebracht und das Rektoskop mit Gleitmittel beträufelt Anschließend wird es dann in den Mastdarm vorgeschoben. Manchmal wird Luft in den Darm eingebracht, um ihn zu entfalten.
Auch bei der Rektoskopie können Gewebsproben entnommen, oder beispielsweise auch Polypen entfernt werden. Die Rektoskopie dauert, wie die Proktoskopie, nur einige Minuten und ist in der Regel ebenfalls nicht mit Schmerzen verbunden.
Komplikationen bei der Proktoskopie und Rektoskopie sind selten. Was prinzipiell auftreten kann sind Verletzungen des Darms, bis hin zu einem Durchstoßen des Darms mit den Instrumenten (Perforation). Werden im Rahmen der Untersuchung beispielsweise Hämorrhoiden verödet, kann es passieren, dass ein Patient auf das gespritzte Mittel allergisch reagiert. Außerdem kann es über die Behandlung zu Infektionen kommen.
Es sollte nicht vergessen werden den Analkanal mit den Fingern auszutasten, da so häufig Tumore gefunden werden können. In einigen Fällen ist es nötig als weiterführende Untersuchung eine Koloskopie durchzuführen. Dies ist ein Verfahren, mit dessen Hilfe der ganze Dickdarm begutachtet werden kann. Auch ein Röntgen-Kontrasteinlauf kann erforderlich werden. Mit dieser Röntgenuntersuchung können auch Bereiche des Darms begutachtet werden, die bei der Darmspiegelung schwer zu untersuchen sind.
Letzte Aktualisierung am 29.03.2021.