Unter Nabelschnurkomplikationen versteht man Lageanomalien der Nabelschnur, die während der Schwangerschaft oder unter der Geburt auftreten können. Die Nabelschnur versorgt das ungeborene Kind mit Nährstoffen und Sauerstoff. Sie stellt eine direkte Verbindung vom Mutterkuchen (Plazenta) zum ungeborenen Kind dar.
Die Nabelschnur ist etwa 50 bis 60 cm lang und hat eine Dicke von ein bis zwei Zentimetern. Sie ist meist spiralig gedreht. Nabelschnurkomplikationen können die Blutversorgung des ungeborenen Kindes einschränken beziehungsweise gefährden. Sowohl während der Schwangerschaft als auch bei der Geburt können Nabelschnurkomplikationen auftreten.
Folgende Komplikationen sind möglich:
- Nabelschnurvorliegen: Man spricht von einem Nabelschnurvorliegen, wenn die Nabelschnurschlinge neben dem Teil des Babys liegt, der als erstes durch den Geburtskanal treten wird. Die Fruchtblase ist zunächst noch intakt, was bedeutet, dass sich die Nabelschnur während der Geburt zwischen den Kopf des Kindes und den Ausgang der Gebärmutter legt und sich dadurch auf dem Geburtsweg des Kindes befindet.
- Nabelschnurvorfall: Dabei legt sich die Nabelschnur während der Geburt zwischen den Kopf des Kindes und den Ausgang der Gebärmutter. Sie befindet sich somit auf dem Geburtsweg des Kindes. Man spricht in diesem Fall von einem Vorfall der Nabelschnur.
Zu einem Nabelschnurvorfall kommt es, wenn die Nabelschnur nach Platzen der Fruchtblase am Kopf des Kindes vorbei aus dem Muttermund ragt. Dies ist jedoch sehr selten, bei etwa 0,5 Prozent aller Geburten, der Fall. das Auftreten eines Nabelschnurvorfalles wird begünstigt durch Mehrlingsschwangerschaften sowie Lageanomalien des ungeborenen Kindes, wie beispielsweise eine Querlage oder Beckenendlage. - Eine Gefahr ergibt sich in diesen Situationen durch den Druck des Kindes auf die Nabelschnur: Durch das Gewicht des kindlichen Körpers wird die Nabelschnur gegen die Beckenknochen zusammengedrückt und die Sauerstoffzufuhr zum Kind somit unterbunden. Der Druck schränkt die Durchblutung über die Nabelschnur und damit die Blutversorgung des Kindes ein.
- Nabelschnurumschlingung: Unter einer Nabelschnurumschlingung versteht man eine Situation, bei der die Nabelschnur um Teile des kindlichen Körpers geschlungen ist, wie beispielsweise den Rumpf, die Schultern oder den Hals. Bei ca. 20 Prozent aller Geburten kommt es zu einer Nabelschnurumschlingung, meist um den Hals des Kindes.
In der Regel ist dann besonders viel Fruchtwasser vorhanden, die Nabelschnur extrem lang oder das Kind sehr lebhaft. Beim Tiefertreten des Köpfchens muss dieser Zustand besonders beobachtet werden, jedoch entwickelt sich in der Regel daraus keine Gefährdung des Kindes, da es sich meist um eine lockere Umschlingung handelt. Bei festeren Umschlingungen kann hingegen die Blutversorgung des Kindes beeinträchtigt sein. - Nabelschnurknoten: Dieser wird gelegentlich schon früher in der Schwangerschaft im Ultraschallbild erkannt. Durch das Hindurchtreten des Kindes durch eine Nabelschnurschlinge können lockere Verknotungen entstehen, welche man als Nabelschnurknoten bezeichnet.
Besonders gefährlich ist der Nabelschnurknoten bei Kindern mit kurzer Nabelschnur, da durch die Gefäßabschnürung die Ernährung des Kindes unterbrochen wird und dadurch das kindliche Leben gefährdet wird. Deshalb ist bei einem Nabelschnurknoten auf jeden Fall eine Kontrolle mittels CTG und unter Umständen sogar eine frühzeitige Entbindung notwendig.
Wie können Nabelschnurkomplikationen rechtzeitig erkannt werden?
Ein erster Hinweis auf das Vorliegen von Nabelschnurkomplikationen kann eine niedrige Herzfrequenz (Bradykardien) im Kardiotokogramm (CTG) sein. Das Kardiotokogramm wird während der Geburt zur Überwachung der kindlichen Herztöne und der Wehentätigkeit eingesetzt. Es gibt Informationen über die kindliche Sauerstoffversorgung. Je nach Sauerstoffangebot kann sich die Herzfrequenz des Kindes sehr schnell ändern. Solche Veränderungen können mithilfe des CTGs frühzeitig erkannt und auch rechtzeitig therapiert werden.
Normalerweise beträgt die kindliche Herzfrequenz 120 bis 160 Schläge pro Minute. Durch die kindlichen Bewegungen kann es zu einem flüchtigen Frequenzanstieg kommen. Zudem kommt es während einer Wehe zu einer kurzzeitigen Herzfrequenzabnahme.
Anzeichen einer kindlichen Gefährdung können durch folgende Veränderungen im CTG erkannt werden:
- Die Herzfrequenz des Kindes weicht um mehr als 10 Schläge pro Minute von der normalen zu erwartenden Frequenz ab
- Es kommt zu starken Herzfrequenzschwankungen des Kindes unabhängig von der Wehentätigkeit der Mutter
- Es kommt zu einer Verlangsamung des Herzschlages erst mit Verzögerung nach einer Wehe (Dezelerationen).
Wie können Nabelschnurkomplikationen behandelt werden?
Bei einem Nabelschnurvorliegen kann die Nabelschnur meist durch eine Seitenlagerung oder Beckenhochlagerung der Schwangeren zurückverlagert werden. Eine normale vaginale Entbindung ist somit meist problemlos möglich. Die Geburt wird unter kontinuierlicher Überwachung des Kindes eingeleitet. Sollten dennoch unter der Geburt Komplikationen auftreten, so steht ein OP-Team bereit, um einen Not-Kaiserschnitt vorzunehmen.
Bei einem Nabelschnurvorfall kann das Umlagern der Gebärenden ausreichen, damit die Nabelschnur wieder in eine normale Position rutscht. Gelingt dies nicht, werden zunächst Medikamente verabreicht, die die Wehen hemmen. So wird das Kind durch eine weitere Wehentätigkeit nicht mehr gegen die Nabelschnur gedrückt und die Blutversorgung nicht weiter einschränkt. Anschließend erfolgt eine rasche Kaiserschnittentbindung.
Im Falle einer sehr festen Nabelschnurumschlingung ist eine Lösung der Umschlingung durch die Finger des Geburtshelfers notwendig. Die Nabelschnur ist in der Regel sehr gut dehnbar, so dass im Falle einer Nabelschnurumschlingung meist keine Mangeldurchblutung des Kindes auftreten kann. Die Geburt kann daher meist auf natürlichem Wege erfolgen und muss nicht unbedingt durch einen Kaiserschnitt beendet werden.
In etwa 10 Prozent der Nabelschnurumschlingungen können dennoch Durchblutungsstörungen auftreten und zu einem Sauerstoffmangel des Kindes führen. Gelingt eine Lösung der Umschlingung durch den Geburtshelfer nicht, sollte ein Kaiserschnitt durchgeführt werden.