Das Vorgehen bei der Erstversorgung eines neugeborenen Kindes richtet sich zunächst nach dem Allgemeinzustand und der Reife des Säuglings. Bei gesunden Neugeborenen wird die Erstversorgung durch die Hebamme oder einen Geburtshelfer durchgeführt. Gefährdete Säuglinge werden nach der Geburt zunächst von einem Kinderarzt untersucht.
Zunächst werden in der Regel die Mundhöhle und die Nasengänge des Kindes abgesaugt, damit es frei Atmen kann. Um einer Unterkühlung vorzubeugen wird der Säugling, der nun aus einer 37° warmen Gebärmutter in eine etwa 20° kühlere Umgebung gekommen ist, abgetrocknet und in warme Tücher gehüllt. Kann die Mutter das Kind noch nicht selbst in den Arm nehmen, kommt es in die Arme des Partners oder in ein Wärmebettchen.
Den Zustand des Kindes und seine Reife wird im Rahmen der Erstversorgung nach dem so genannten Apgar-Score bestimmt. Diese Wertetabelle ist nach der Bostoner Anästhesistin Virginia Apgar benannt und setzt sich zusammen aus der Beurteilung von Muskelspannung, dem Herzschlag, der Auslösbarkeit von Reflexen, dem Aussehen (Hautfärbung) und der Atmung des Kindes.
Der Apgar-Score wird jeweils nach einer, fünf und nach zehn Minuten erhoben. Entspricht der Wert dem zu erwartenden Zustand eines gesunden Säuglings, werden zwei Punkte vergeben. Bei geringen Abweichungen vom Normalzustand, wenn die Haut beispielsweise zwar am Körperstamm rosig ist, an den Extremitäten aber blau, gibt es einen Punkt.
Ist der Zustand des Kindes hingegen besorgniserregend wird kein Punkt vergeben. Die maximal erreichbare Punktzahl (Score) beträgt demnach bei fünf Parametern zehn Punkte. Kinder mit einem Wert über sieben bezeichnet man als „lebensfrisch". Diese Kinder benötigen meist keine besondere Überwachung mehr und können zusammen mit der Mutter auf die Wöchnerinnenstation.
Zudem wird bei allen Neugeborenen, die so genannte Erstuntersuchung (U1) vom Kinderarzt durchgeführt. Sie soll kindliche Fehlbildungen und Geburtsschäden sowie Störungen der Atmung oder des Kreislaufs des Neugeborenen erkennen.
Im Rahmen der Erstuntersuchung untersucht der Arzt Herz, Lunge, Bauch, Genitalien und Sinnesorgane. Zudem wird geprüft, ob beim Kind so genannte Reifezeichen vorhanden sind.
Dazu gehören:
Im Rahmen der U1 erhält das Neugeborene zudem Vitamin-K-Tropfen (Konakion), um Probleme mit der Gerinnung und damit dem Auftreten von gefährlichen Blutungen vorzubeugen. Diese Gerinnungsstörungen können bei manchen Säuglingen auftreten, wenn die Leber noch nicht reif genug ist.
Die Erstuntersuchung wird ergänzt durch das so genannte Neugeborenen-Screening, einem national konzipierten Programm, bei dem alle Säuglinge auf Stoffwechselerkrankungen untersucht werden.
Diese Untersuchung wird anhand einer Blutprobe aus Fersenblut des Säuglings durchgeführt und ermöglicht, das schnelle Erkennen folgender Erkrankungen:
Außerdem wird das Kind im Rahmen des Neugeborenenscreenings auf eine Fehlstellung des Hüftgelenks (Hüftdysplasie) untersucht. In vielen Kliniken ist zudem ein Hörtest üblich, der der Früherkennung von Hörstörungen dient.
Die Erstversorgung des Kindes durch Hebamme, Geburtshelfer oder Kinderarzt erfolgt direkt nach der Geburt. Wenn für das Kind keine Risiken bestehen wird es im Anschluss zusammen mit der Mutter auf die Wochenbettstation verlegt.
Die Erstuntersuchung (U1) findet hingegen im Verlauf der ersten Stunden nach der Geburt statt und soll kindliche Fehlbildungen und Geburtsschäden sowie Störungen der Atmung und des Kreislaufs des Neugeborenen erkennen. Das zusätzliche Neugeborenen-Screening findet zwischen dem dritten und fünften Lebenstag des Kindes statt.
In den ersten Tagen nach der Geburt leiden zudem viele Neugeborene unter Gelbsucht (Ikterus). Die Ursache dafür ist, dass die kindliche Leber die Umstellung vom fetalen auf das „normale" Blut nicht so schnell verkraftet. Es kommt deshalb zu einer Ansammlung des Blutabbauprodukts Bilirubin. Zeigt sich eine sichtbare Gelbfärbung der Haut und besoders der Bindehäute, spricht man vom Neugeborenenikterus (Neugeborenen-Gelbsucht). Ultraviolettes Licht beschleunigt den Abbau von Bilirubin, weshalb Säuglinge, deren Blutwerte einen bestimmten Bilirubin-Grenzwert überschreiten, in eine Art UV-Solarium kommen. Dort werden sie mit einer lichtundurchlässigen Brille versehen und mit blau erscheinendem UV-Licht behandelt.
In der vierten bis sechsten Lebenswoche erfolgt bei Jungen zudem eine Untersuchung auf die so genannte Muskeldystrophie. Dabei handelt es sich um eine Erbkrankheit, die nur Knaben betrifft. Der Nachweis erfolgt durch eine Blutprobe, wobei die Kosten für diese Untersuchung nicht von der Krankenkasse getragen werden, da sich aus der Kenntnis der Erbanlage keine entscheidende Maßnahme für das betroffene Kind ableiten lässt. Sie gibt lediglich wichtige Hinweise für eine spätere Schwangerschaft.
Letzte Aktualisierung am 29.04.2021.