Die so genannte Wochenbettdepression (postpartale Depression) bezeichnet einen Zustand psychischer Niedergeschlagenheit, der sich bei jungen Müttern nach der Geburt ihres Kindes entwickelt. In den meisten Fällen tritt die Wochenbettdepression direkt nach der Geburt ein, sie kann jedoch auch erst mehrere Monate danach zum Ausbruch kommen. Die Frauen haben ein unbegründbares Gefühl der Traurigkeit und weinen sehr viel.
Man geht davon aus, dass diese Art der Depression eine Umstellungsreaktion des Körpers auf die neue Situation nach der Geburt ist. Sie wird deshalb auch zu den organischen Depressionen gezählt. Der Begriff Depression leitet sich vom lateinischen Wort „deprimere"= niederdrücken ab.
Diese Form des Stimmungstiefs nach der Geburt ist nicht selten. Etwa 10 bis 15 Prozent aller Mütter entwickeln nach der Geburt eine Wochenbettdepression. Besonders nach der ersten Schwangerschaft tritt diese Erkrankung sehr häufig auf.
Warum genau Wochenbettdepressionen auftreten ist noch umstritten. Man vermutet heute, dass vor allem hormonelle Veränderungen, wie der Konzentrationsabfall der Sexualhormone Östrogen und Progesteron im mütterlichen Blutkreislauf, als Auslöser der Stimmungsschwankungen in Frage kommen.
Daneben spielen wahrscheinlich auch soziale und psychische Faktoren, wie die Einstellung zum Kind und zum Partner, eine wichtige Rolle. Häufig erkranken Frauen, die zu große Erwartungen an sich selbst haben und ihre Rolle als Mutter, Hausfrau, Berufstätige und Partnerin perfekt erfüllen wollen.
Traten in der Vorgeschichte der Betroffenen bereits psychische Erkrankungen auf, ist die Gefahr eine Wochenbettdepression zu erleiden erhöht. Auch eine familiäre Belastung, oder eine Traumatisierung der Mutter durch die Geburt beziehungsweise einen Kaiserschnitt, sowie eine soziale Notlage oder Stress steigern das Risiko für eine Wochenbettdepression.
Besonders bei Frühgeburten erkranken die Mütter nicht selten an Wochenbettdepressionen, da sich hier vermehrt das Gefühl und die Angst aufbaut, das Kind nicht gut genug versorgen zu können.
Die Wochenbettdepression entwickelt sich meist unmittelbar nach der Geburt. Sie beginnt häufig mit einer harmlos erscheinenden Traurigkeit, die zunächst einem so genannten „Baby-Blues" ähnelt. Die postpartale Depression kann jedoch auch mehrere Wochen oder gar Monate nach der Geburt noch zum Ausbruch kommen. Sie baut sich langsam auf und mach es deshalb oft schwierig, sie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Bei der postpartalen Depression treten alle Symptome auf, die auch für die klassische, so genannte isolierte Depression, charakteristisch sind. Die Frauen leiden unter Traurigkeit, einer gedrückten Stimmung, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und einer inneren Unruhe. Sie klagen über Antriebsschwäche und eine sexuelle Lustlosigkeit, die auch mehrere Monate nach der Geburt noch anhalten kann.
Zudem weinen die Patientinnen viel, sind erschöpft, oft sehr gereizt und haben Ängste, die sich bis hin zu Panikattacken steigern können. Häufig entwickeln die betroffenen Frauen zudem eine Abwehrhaltung gegenüber dem eigenen Kind. Nicht selten hegen sie sogar Selbstmordgedanken.
Die postnatale Depression ist vor allem durch ihren charakteristischen Verlauf gekennzeichnet. Sie entwickelt sich langsam innerhalb der ersten Tage bis Wochen nach der Geburt und ist zu Beginn oft schwer zu diagnostizieren. Um die Diagnose von Wochenbettdepressionen zu erleichtern, haben Experten eine speziellen Fragebogen entworfen. Anhand dieser so genannte „Edinburgh Postpartum Depression Scale" soll besser beurteilt werden können, ob bei einer Patientin Anzeichen einer Depression vorliegen.
Dieser Fragebogen umfasst zehn Fragen zum seelischen Befinden in der Zeit nach der Geburt. Dabei werden Abstufungen von der leichten, über die mittelschwere bis hin zur schweren postpartalen Depression getroffen.
Nach der Geburt tritt häufig ein so genannter "Baby-Blues" (Heultage) auf, der auch als postpartales Stimmungstief bezeichnet wird. Dieser muss von einer postnatalen Depression abgegrenzt werden, da hier keine Erkrankung im engeren Sinne vorliegt.
Diese Form des Stimmungstiefs tritt im Gegensatz zur Depression meist direkt nach der Entbindung auf. Es dauert nur wenige Stunden bis einige Tage an und betrifft 35 bis 75 Prozent aller jungen Mütter. Der typische „Baby-Blues" ist durch Traurigkeit, häufiges Weinen, Müdigkeit und Erschöpfung sowie Schlaflosigkeit, Ängstlichkeit und Reizbarkeit gekennzeichnet.
Eine Therapie ist dabei nicht notwendig, oft sind aber unterstützende Gespräche für die Mutter sehr hilfreich und tröstend. Geht der Baby-Blues nach etwa zehn Tagen nicht von selbst wieder zurück, sollte an die Entwicklung einer postpartalen Depression gedacht werden.
Die Wochenbettdepression junger Mütter muss zudem von der seltenen, jedoch ernst zu nehmenden postpartalen Psychose unterschieden werden. Dabei sind die Frauen nicht nur gereizt sondern meist aggressiv, haben Halluzinationen, eine gänzlich veränderte Persönlichkeit und stellen eine Gefahr für sich und das Neugeborene dar.
Auch die postpartale Psychose wird medikamentös behandelt. Meist müssen die Frauen stationär aufgenommen und überwacht werden, bis sich ihr Zustand bessert.
Frauen, die an einer Wochenbettdepression erkranken sollten im Verlauf der depressiven Episoden von einem Psychotherapeuten begleitet werden. Vor allem tröstende Gespräche sind oft sehr hilfreich für die junge Mutter.
Fühlt sich die Mutter in ihrem häuslichen Umfeld durch die neue Lebenssituation noch überfordert, sollte der Einsatz einer soziotherapeutischen Hilfe erwogen werden, wie etwa ein Sozialarbeiter oder eine Pflegekraft.
Auch die sogenannte Wochenbettvisite hat sich als sehr nützlich erwiesen:
Zudem ist in den meisten Fällen von Wochenbettdepressionen eine zeitweilige Einnahme von Antidepressiva empfehlenswert. Auch pflanzliche Präparate, wie Johanniskraut werden häufig eingesetzt und sind oft hilfreich, um die nachgeburtliche Krise der Mutter besser zu bewältigen.
Treten die Selbstmordgedanken der Mutter mehr in den Vordergrund, ist ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik unumgänglich.
Prophylaktisch wurden in England Versuche unternommen, den Schwangeren vor der Geburt Sexualhormone, wie Progesteron, zu verabreichen. Mit dieser Hormonbehandlung konnten bei 92 Prozent der Frauen sowohl der so genannte Baby-Blues als auch die schwerere postpartale Depression verhindert werden. Dies unterstützt die These, dass ein hormonelles Ungleichgewicht für die depressive Episode verantwortlich ist.
Die Wochenbettdepression ist eine Reaktion auf die Umstellungsprozesse nach der Geburt.
Die Prognose dieser Episode ist sehr gut, da die Frauen mit der Zeit lernen, die neue Situation anzunehmen und sich auf die neuen Lebensumstände einstellen.
Der Verlauf der Wochenbettdepression hängt sehr stark davon ab, in welchem Stadium sie diagnostiziert wird. Meist gehen die Beschwerden durch Psychotherapie und die vorübergehende Einnahme von Antidepressiva wieder schnell und vollständig zurück. Bei der Geburt eines weiteren Kindes ist die Gefahr einer Wochenbettdepression als geringer einzustufen.
Letzte Aktualisierung am 29.04.2021.