Doch warum küssen wir eigentlich, um unsere Sympathie, unsere Liebe dem jeweiligen Gegenüber kundzutun? An diesem Punkt ist sich die Wissenschaft wie so oft nicht einig. Eine plausible Erklärung für das Kussritual ist der zwischen Säugetieren traditionell stattfindende Informationsaustausch über Duft- und Geschmacksstoffe, die ja auch beim Küssen den Wirt wechseln. So könnte sich im Laufe der Evolution der Kuss oder ein ähnliches Verhalten herausgebildet haben, um den anderen über den eigenen körperlichen Zustand zu informieren, indem bestimmte Stoffe durch Lippen, Speichel und Zunge übertragen werden. Einer anderen Ansicht zufolge ist das Küssen ein Überbleibsel des Umgangs mit dem eigenen Nachwuchs, eine Anlehnung an die Fütterung der Neugeborenen mit vorgekauten Nahrungsmitteln, wie sie bei einigen Tierarten üblich ist. Manche Forscher sehen in unserem Kussverhalten einzig eine sexuelle Handlung als Vorbereitung auf den Paarungsakt.
Und ein richtiger Kuss hat es in sich. So wird der Herzschlag beschleunigt. Etwa 110 Schläge pro Minute kommen so zustande. Zum Vergleich: Der übliche Ruhepuls liegt bei rund 70 bis 80 Schlägen. Zudem steigt die Körpertemperatur leicht an, der Blutdruck erhöht sich etwas, ebenso die Atemfrequenz. Küssen ist somit ein leichtes Ausdauertraining, das für bessere Durchblutung sorgt und die Lungenleistung verbessert. Durch die Nerven im Mundbereich, also in den Lippen und der Zunge, werden Reize an das Gehirn übertragen. Dort werden infolge dessen Glückshormone wie beispielsweise Serotonin verstärkt ausgeschüttet. Diese Stoffe bekämpfen das Stresshormon Cortisol und wirken so beruhigend und sorgen für ein besseres Wohlbefinden. Gleichzeitig regt ein intensiver Kuss die Produktion der menschlichen Sexualhormone an; dadurch bereiten sich die Geschlechtsorgane auf ihren Einsatz vor.
Doch damit nicht genug. Küssen kann auch dem Immunsystem gut tun. Denn durch den Speichelaustausch wechseln auch zahlreiche Keime von Mund zu Mund. Durch den Austausch kann die Schutzbarriere der Mundflora lernen und sich verstärken. Die Aufnahme des fremden Speichels wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus, indem dieses durch leichte Reizung quasi ein Training erfährt. Experten warnen jedoch: Eine Schutzimpfung kann kein noch so ausdauernder und intensiver Kuss ersetzen. Dafür, so die Mediziner, sei die Wirkung viel zu schwach. Neben diesen positiven Effekten auf die Gesundheit verbrennt ein ausdauernder Kuss rund 15 Kilokalorien. Küssen macht schlank, heißt die Devise.
Wo Licht ist, da tummelt sich bekanntlich auch Schatten. Zumindest einige mögliche negative Folgen kann auch ein schöner Kuss haben. Durch den Speichelaustausch werden natürlich auch Krankheitserreger, also Bakterien oder Viren, übertragen. So kann man sich beim Küssen schnell mit Schnupfen, Husten, Grippe oder einer Mandelentzündung infizieren. Tatsächlich kann durch intensives Küssen auch Karies von einem auf den anderen Menschen übergehen. Hierzu müssen aber auch noch andere begünstigende Faktoren vorliegen, wie beispielsweise schlechte Mundhygiene und Plaque auf Empfängerseite. Ein Kuss kann übrigens auch Salmonellen übertragen.
Bislang ist zudem ein einziger Fall bekannt, in dem ein Kuss tödliche Folgen hatte. Eine junge Kanadierin, die unter einer starken Erdnussallergie litt, starb an einem anaphylaktischen Schock, nachdem sie ihren Freund geküsst hatte. Dieser hatte Stunden vor der Berührung Erdnussbutter gegessen. Hierbei handelt es sich wie gesagt um einen extremen Ausnahmefall. Denn grundsätzlich ist jedem zu ausgiebigem Küssen zu raten. Küssen, das haben wir ja nun gesehen, ist in der Hauptsache wunderschön - und gesund.
aktualisiert am 10.09.2010