Die Kontroverse um die Hormontherapie in der Menopause wird seit zehn Jahren erbittert geführt. Studien, die 2002/2003 von der Women’s Health Initiative zum Thema durchgeführt wurden, brachten die Hormone in Verruf. An der Untersuchung nahmen eine Million US-amerikanischer Frauen teil. In der Gruppe von Frauen, die Hormonpräparate einnahmen, war es zu einer signifikant höheren Zahl von Brustkrebserkrankungen gekommen. Seither wurden Hormone in der Menopause nur noch verhalten verschreiben. Man riet den Frauen bei Wechseljahrbeschwerden lieber zu pflanzlichen Mitteln zu greifen.
Eine neue Studie aus Dänemark stellt die Ergebnisse der US-amerikanischen Untersuchung nun in Frage. Für die dänische Studie wurden rund 1000 Frauen zwischen 45 und 58 Jahren nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Eine Hälfte der Frauen erhielt mit Einsetzen der Wechseljahre Hormone, die Kontrollgruppe wurde nicht behandelt.
Die Studie, die auf der Website bmj.com¹ veröffentlicht wurde, kam zu folgendem Ergebnis: Nach zehn Jahren waren 33 Frauen der Kontrollgruppe an Herzversagen oder Herzinfarkt verstorben. In der Gruppe, die Hormone erhielt, waren es nur 16 Frauen. In der Kontrollgruppe waren 39 Frauen an Krebs erkrankt, in der Hormon-Gruppe nur 36. 17 Frauen in der Kontrollgruppe litten an Brustkrebs, aber nur 10 Frauen in der Hormon-Gruppe. Auch kam es in der Kontrollgruppe zu 14 Schlaganfällen, in der Hormon-Gruppe nur zu elf.
Zusammenfassend fand man in dieser Studie heraus, dass Frauen, die mit dem Einsetzen der Wechseljahre eine zehnjährige Hormonersatztherapie beginnen, ihr Risiko für Schlaganfälle und Lungenembolie reduzieren. Auch das Brustkrebsrisiko ist nicht, wie bislang angenommen, erhöht.
Befürworter der Hormonersatztherapie begrüßen die Ergebnisse der Studie. Kritiker bemängeln hingegen die Schwächen der Untersuchung: Die bisherige Krankengeschichte wurde in der Studie ebenso wenig berücksichtigt wie der allgemeine Gesundheitszustand: Gewicht, Ernährung, Bewegung, Alkohol- und Tabakkonsum. Auch handelt es sich um keine Placebo-Studie.
Die amerikanische und die dänische Studie lassen sich nur schwer vergleichen – nicht nur, weil an der dänischen Studie wesentlich weniger Frauen teilnahmen. Auch gab es Unterschiede beim Durchschnittsalter der Frauen, bei der Dosierung der Präparate und beim Behandlungsbeginn.
Gerade Letzteres könnte das entscheidende Kriterium sein: Experten gehen davon aus, dass die Hormonersatztherapie zeitnah mit dem Einsetzen der Menopause begonnen werden muss, wenn sie den Frauen nicht schaden soll.
Die Studie könnte aber ein Anfang sein, die Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren zu rehabilitieren. Vorher werden jedoch noch weitere Studien notwendig sein.
¹ http://www.bmj.com/content/345/bmj.e6409
aktualisiert am 08.04.2013