Unter einem Schwangerschaftsabbruch (abruptio graviditatis, Abtreibung) versteht man die Entfernung oder eine medikamentös herbeigeführte Ausstoßung einer Leibesfrucht (Embryo oder Feten) aus der Gebärmutter. Der Schwangerschaftsabbruch dient der Beendigung einer unerwünschten oder die Gesundheit der Frau gefährdenden Schwangerschaft.
Geregelt wird ein möglicher Schwangerschaftsabbruch durch den Paragraphen 218 des Strafgesetzbuches. Er ist in Deutschland zwar grundsätzlich rechtswidrig, aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Unabhängig von der Indikation besteht jedoch eine Meldepflicht für jede Form des Schwangerschaftsabbruches.
Laut den Angaben des statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2008 in Deutschland etwa 100 000 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Beinahe 75 Prozent der Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt. Fünf Prozent dieser Frauen waren sogar minderjährig. Die Mehrheit der Abbrüche einer Schwangerschaft wird nach der so genannten "Beratungsregelung" vorgenommen. Danach ist der Abbruch zwar rechtswidrig, aber straffrei. Nur in seltenen Fällen liegt tatsächlich eine medizinische oder kriminologische Indikation als Grundlage des Schwangerschaftsabbruches vor. In diesem Fall ist der Abbruch straffrei und auch nicht rechtswidrig. Es gibt also in Deutschland die Möglichkeit, eine Schwangerschaft mit oder ohne die Feststellung einer Indikation abzubrechen. Die Unterschiede sind:
Danach kann jede Frau einen Schwangerschaftsabbruch verlangen. Allerdings muss sie dabei verschiedene Aspekte beachten:
Diese Form des Schwangerschaftsabbruches gilt nicht als rechtswidrig, wenn aus ärztlicher Sicht eine Indikation vorliegt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
Im Falle eines Schwangerschaftsabbruches mit Indikation muss ein ärztliches Attest diese Indikation belegen. Allerdings darf der Arzt, der die Indikation feststellt, nicht gleichzeitig den Eingriff vornehmen. Wenn eine Indikation für den Abbruch besteht, tragen die Krankenkassen tragen die Kosten für den Eingriff.
Nach einem Beschluss des Bundestages vom Mai 2009 ist zudem bei Abbrüchen nach der 14. Schwangerschaftswoche (nach 12 Wochen nach der Empfängnis) eine Bedenkzeit von drei Tagen zwischen Diagnosestellung und Ausstellung der Indikation erforderlich. Eine Ausnahme besteht nur bei akuter Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Schwangeren.
Um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen, muss der behandelnde Arzt zunächst die Schwangerschaft bestätigen. Die in diesem Zusammenhang durchzuführende gynäkologische Untersuchung richtet sich nach dem Alter der Schwangerschaft und möglichen Fehlbildungen des Embryos. Der Arzt muss die Patientin beraten und sie über die gesetzliche Lage informieren. Auf Wunsch kann die Schwangere eine Schwangerschaftsbescheinigung erhalten, die unter anderem das Alter der Schwangerschaft enthält. Diese Bescheinigung ist jedoch für die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerenkonfliktberatung nicht zwingend erforderlich.
In dieser Pflichtberatung erhalten schwangere Frauen und Mädchen kostenlos ein ausführliches Beratungsgespräch. Zudem besprechen die Berater mit der Betroffenen ihre Situation detailliert und erarbeiten mit ihr zusammen Lösungsvorschläge. Nach diesem Gespräch kann die Schwangere selbst entscheiden, ob Sie die Schwangerschaft fortsetzen möchte. Sie hat in jedem Fall Anspruch auf einen Beratungsschein, der ihren Namen und das Datum des Gesprächs enthält. Der Schein darf aber nichts über den Inhalt und den Verlauf des Gesprächs aussagen. Ohne diesen Beratungsschein ist eine legale Abtreibung nicht möglich. Katholische Einrichtungen beschränken sich seit dem Jahr 2002 auf die Beratung, händigen aber keinen Beratungsschein mehr aus.
Bei der Beratungsstelle oder dem behandelnden Gynäkologen kann sich die Schwangere dann über Fachärzte oder Einrichtungen in informieren, die den Eingriff nach modernem medizinischen Standard vornehmen. Ein Schwangerschaftsabbruch kann im Normalfall in folgenden Einrichtungen erfolgen:
Vor dem Abbruch wird die Patientin in der Regel nochmals über den Eingriff, die notwendige Nachbehandlung und die Risiken aufgeklärt. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche werden mit der so genannten Absaugmethode durchgeführt. Dabei wird der Muttermund unter örtlicher Betäubung oder Vollnarkose vorsichtig gedehnt. Der Arzt schiebt dann ein dünnes Röhrchen in die Gebärmutter, das mit einer Saugpumpe verbunden ist. In vielen Fällen folgt anschließend eine Ausschabung der Gebärmutter (Kürettage), um Gewebereste vollständig zu entfernen. Der Eingriff dauert nur wenige Minuten. Anschließend wird ein Mittel injiziert, das die Gebärmutter wieder zusammenzieht und so die Blutung stillt und Infektionen vorbeugt.
Die meisten Frauen können etwa eine Stunde nach dem Eingriff wieder nach Hause gehen.
Eine weitere Möglichkeit einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen ist die Gabe der so genannten Abtreibungspille Mifegyne, die als Alternative zu den chirurgischen Eingriffen dargestellt wird. Dabei bewirkt der enthaltene Wirkstoff Mifepriston, dass die in der Gebärmutter eingenistete Eizelle abgestoßen wird.
Inzwischen ist der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch bis zur neunten Schwangerschaftswoche (63. Tag nach dem ersten Tag der letzten Regelblutung) erlaubt. Die Pille darf nur unter ärztlicher Aufsicht in dafür zugelassenen Kliniken oder Arztpraxen angewendet werden. Zusätzlich zur Abtreibungspille wird das Hormon Prostaglandin eingesetzt. Dieses muss 36 bis 48 Stunden später eingenommen werden, was oft ebenfalls in der Klinik oder Praxis geschieht. Inzwischen wird die Pille mit Prostaglandin aber immer häufiger auch zur Einnahme nach Hause mitgegeben. Prostaglandine führen zu Kontraktionen (Zusammenziehen) der Gebärmutter. Sie führen mit hoher Wahrscheinlichkeit (etwa 95 Prozent) dazu, dass die Frucht ausgestoßen wird. Dabei kann es durchaus auch zu Schmerzen kommen, die jedoch in der Regel rasch wieder verschwinden.
Nur bei wenigen Frauen kommt es nach dem instrumentellen Abbruch der Schwangerschaft zu gesundheitlichen Komplikationen. In seltenen Fällen leiden die Patientinnen nach einer Absaugung unter Nachblutungen oder Entzündungen. Falls starke Blutungen, Schmerzen, Fieber über 38,5 °C oder schlecht riechender Ausfluss auftreten, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wenn eine Entzündung nicht schnell und vollständig behandelt wird, kann es zu einer Verklebung der Eileiter kommen. Dies könnte die spätere Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Sehr selten kommt es zu einer Verletzung der Gebärmutter.
Bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schmerzen und Blutungen kommen. In wenigen Fällen können Mifegyne und Prostaglandin nicht oder nicht ausreichend wirken, was einen weiteren Eingriff erforderlich machen kann. Nach einem Schwangerschaftsabbruch sollte die Patientin in jedem Fall auf ein sicheres Verhütungsmittel zurückgreifen. Verlief der Eingriff komplikationslos, können die Frauen danach auch wieder ganz normal schwanger werden.
Bei einigen Frauen treten allerdings nach dem Schwangerschaftsabbruch seelische Probleme auf. Vor allem, wenn der Schwangerschaftsabbruch auf Druck von außen und nicht auf eigenen Wunsch stattfand oder sich Frauen bezüglich ihres Kinderwunsches nicht ganz sicher sind. In diesem Fall sollten sich die Betroffenen an ihren Frauenarzt wenden, der ihnen auch Anschriften für eine psychologische Beratung vermitteln kann.
Letzte Aktualisierung am 29.04.2021.