Bei einer vorgeburtlichen (pränatalen) Infektion können bestimmte Krankheitserreger das ungeborene Kind in der Gebärmutter erreichen und dieses unter Umständen schwer schädigen. Infektionen des Ungeborenen Kindes können durch verschiedene Erreger hervorgerufen werden. Besonders gefürchtet sind die so genannten TORCH-Infektionen. Die Bezeichnung TORCH steht dabei für Toxoplasmose, Röteln, Cytomegalie, Herpes und Weitere (Others), die besonders schwere Folgen für das ungeborene Kind haben können. Sie erreichen das Kind entweder über den Blutweg (hämatogene Infektion), oder über die Scheide (aszendierende Infektion).
Zudem kann sich das Kind auch bei der Geburt mit bestimmten Keimen infizieren, wenn sich diese im Geburtskanal befinden. Bestimmte Erreger können außerdem nach der Geburt über die Muttermilch auf das Kind übertragen werden. Man geht davon aus, dass etwa 10 Prozent aller Schäden oder Erkrankungen von Neugeborenen intrauterin oder während der Geburt durch eine Infektion der Mutter entstanden sind.
Die wichtigsten Infektionen in diesem Zusammenhang sind:
Die so genannten Toxoplasmen (toxoplasma gondii) sind außerhalb des Mutterleibs harmlose Parasiten (Einzeller), die bei Menschen mit gesundem Immunsystem meist nur grippeähnliche, harmlose Beschwerden verursachen. Im Mutterleib kann eine Toxoplasmose beim ungeborenen Kind jedoch zu einer schweren Infektion führen. Die Schwangere kann sich über den Kontakt mit rohem Fleisch oder Katzenkot mit den Erregern infizieren. Im schlimmsten Fall drohen eine Erblindung durch Netzhautentzündung sowie Gehirn- und Leberschäden des Kindes. Diese Schäden können verhindert werden, wenn die Mutter im Falle einer Infektion frühzeitig Antibiotika einnimmt. Man geht davon aus, dass die Toxoplasmen in etwa 50 Prozent aller Erstinfektionen in der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind übergehen. Das Infektionsrisiko nimmt jedoch im Verlauf der Schwangerschaft immer weiter zu.
Cytomegalie ist die häufigste Virusinfektion des ungeborenen Kindes. Es wird über die Plazenta von der Mutter auf das Kind übertragen. Das Cytomegalie-Virus ist in Deutschland sehr weit verbreitet und verursacht bei Menschen mit intakter Immunabwehr meist keine Beschwerden. Erkrankt jedoch das ungeborene Kind im Verlauf der Schwangerschaft an Cytomegalie, kann sich dies negativ auf das Wachstum auswirken. Besonders Kinder, die sich innerhalb des ersten Trimenons infiziert haben, kommen meist unterentwickelt, mit sehr kleinem Kopf (Mikrozephalus) und Organfehlbildungen zur Welt. Auch unter der Geburt kann sich das Kind noch mit dem Virus infizieren.
Listerien sind überwiegend harmlose Bakterien. Erkrankt die Mutter, bekommt sie, wenn überhaupt, leichte Grippe- oder Magen-Darm-Beschwerden. Sie kann die Erreger jedoch zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft über die Plazenta auf das ungeborene Kind übertragen. Bei jedem 500. Kind kommt es dann zu schweren Schäden mit knotigen Entzündungsherden in Lunge, Gehirn und Leber, woran das Kind unbehandelt meist verstirbt. Auch Spätinfektionen nach dem sechsten Lebenstag sind noch möglich. Die betroffenen Kinder entwickeln dann in der Regel eine schwere Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis). Die Listeriose wird in der Regel durch Rohmilchkäse und rohes Fleisch übertragen. Wird die Infektion frühzeitig erkannt, erhält die Mutter Antibiotika, um die Schäden abzuwenden.
Röteln sind bekannt dafür, dass eine Erstinfektion der Schwangeren mit dem Rötelnvirus beim Kind zu schweren Fehlbildungen von Augen, Ohren und Gehirn führen kann. In einigen Fällen kann sich die Infektion auch erst einige Monate nach der Geburt bemerkbar machen. Die betroffenen Kinder können Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen und Magen-Darm-Infektionen entwickeln (Late-Onset-Rubella-Syndrom). Aufgrund der Rötelnimpfung sind die Fälle dieser so genannten Röteln-Embryopathie aber sehr selten geworden. In Deutschland treten pro Jahr etwa noch fünf Fälle von Rötelninfektionen in der Schwangerschaft auf.
Das Herpes-Virus kann erst bei der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen werden, wenn die Scheide der Mutter damit infiziert ist (Herpes genitalis). Eine Infektion mit Herpes führt beim Neugeborenen meist zu Fieber, Erbrechen, Lethargie, Entzündungen des Gehirns, Augenentzündungen, Hautausschlägen bis hin zu Blindheit. Um dies zu verhindern, werden der Mutter mit Herpesausschlag in und um die Scheide in den Wochen vor der Geburt so genannte Virostatika, wie beispielsweise Aciclovir, verabreicht. Bei einem Kaiserschnitt besteht für das Kind hingegen keine Infektionsgefahr. Für ein Neugeborenes ist es jedoch ebenfalls gefährlich, wenn Personen, die in engem Körperkontakt mit ihm stehen, an einem Lippenherpes erkrankt sind. Die betreffende Person sollte dann einen Mundschutz tragen.
Im Geburtskanal droht auch die Übertragung von bestimmten Bakterien, den so genannten Streptokokken der Gruppe B (B-Streptokokken). Diese befinden sich bei einem Großteil der Bevölkerung natürlicherweise auf der Haut und im Darm. Etwa zehn Prozent aller Frauen tragen diesen Keim auch in der Scheide. Infiziert sich das Kind mit B-Streptokokken, droht ihm eine gefährliche Blutvergiftung (Neugeborenensepsis). Diese kann innerhalb der ersten beiden Lebenstage oder auch als Spätform nach sieben bis zehn Tagen auftreten. Die Sterblichkeit vor allem bei der Frühform der Neugeborenensepsis ist hoch. Zu einer Infektion des Kindes kommt es aber nur dann, wenn mehr als 24 Stunden vom Zeitpunkt des Blasensprunges bis zur Geburt vergangen sind, oder die Mutter während der Geburt Fieber hatte. Um das Kind zu schützen, wird der Mutter während der Wehen ein Antibiotikum gegeben, dessen Wirkstoffe auf das Kind übergehen. Außerdem kann auch das Neugeborene nach der Geburt antibiotisch behandelt werden.
Ist eine Schwangere an Syphilis erkrankt, kann das Bakterium (Treponema pallidum) über die Plazenta zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind übertragen werden, meist erfolgt eine Infektion jedoch nach der 18. Schwangerschaftswoche. Die Folgen können eine Fehl- oder Frühgeburt sein. Lebendgeborene Kinder leiden meist schon unter der Geburt unter Ödemen und Luftnot und entwickeln innerhalb der ersten zwei Lebensjahre die so genante Lues connata praecox, die sich in Form eines Hautauschlags, vergrößerter Leber und Milz sowie eines blutigen Schnupfens äußert. Daneben können die betroffenen Kinder auch eine Lues connata tarda entwickeln, die nach den ersten zwei Lebensjahren auftritt. Sie leiden dabei unter einer Innenphrschwerhörigkeit, entzündlichen Veränderungen des Knochens und tonnenförmigen Schneidezähnen (Hutchinson Trias). Ist eine werdende Mutter schon zu Beginn der Schwangerschaft mit Syphilis infiziert, besteht eine Wahrscheinlichkeit von 60 bis 100 Prozent, dass auch das ungeborene Kind an Lues erkrankt.
Diese Infektion wird durch das Bakterium Chlamydia trachomatis hervorgerufen, das im Gebärmutterhals von etwa zwei bis 13 Prozent aller Frauen gefunden werden kann und nicht immer Beschwerden bereitet. Das Kind kann sich vor allem unter der Geburt mit den Erregern infizieren und entwickelt als Folge dessen häufig eine Lungenentzündung oder eitrige Entzündungen der Bindehaut (Konjunktivitis). Daneben kann eine Infektion mit Chlamydien auch eine Frühgeburt begünstigen.
Ist eine werdende Mutter mit HIV infiziert, besteht für das ungeborene Kind im Verlauf der Schwangerschaft im Normalfall ein sehr geringes Risiko für eine Infektion. Die Größte Gefahr besteht unter der Geburt, weshalb Kinder HIV-positiver Mütter per Kaiserschnitt entbunden werden.
Da Infektionen im Rahmen einer Schwangerschaft durch eine Vielzahl von Erregern verursacht werden können, sind auch die Beschwerden oft sehr unterschiedlich. In vielen Fällen hat die Schwangere gar keine, oder nur sehr leichte Beschwerden. Diese sind oft grippeähnlich und verursachen meist Kopf- und Muskelschmerzen, leichtes Fieber, Durchfall und geschwollene Lymphknoten. Zudem können vor allem bei Röteln oder Masern verschiedenartige Hautausschläge hinzukommen.
Infektionen mit Herpesviren führen hingegen vor allem im Intimbereich zu Schmerzen, Juckreiz und typischen Schleimhautveränderungen. Im Falle einer Chlamydieninfektion leiden die betroffenen Frauen häufig unter Entzündungen von Gebärmutterhals oder Harnröhre (Zervizitis, Urtethritis). Die Erkrankung kann jedoch auch völlig unbemerkt verlaufen und keine Beschwerden verursachen. Bestimmte Erreger können in der Schwangerschaft zudem zu vorzeitigen Wehen, einem vorzeitigen Blasensprung oder gar zu einer Fehl-, Früh- oder Totgeburt führen.
Infiziert sich eine Schwangere mit bestimmten Krankheitserregern, heißt dies nicht immer, dass die Infektion auch auf das Kind übergehen muss. Das Risiko für eine Übertragung der Infektion ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
Die ersten Hinweise auf eine Infektionskrankheit im Rahmen der Schwangerschaft erhält der Arzt meist anhand einer ausführlichen Befragung zur Krankheitsgeschichte und den aktuellen Beschwerden (Anamnese). Eine anschließende körperliche Untersuchung kann weitere Anhaltspunkte liefern. Zudem entnimmt der behandelnde Arzt bei Verdacht auf eine Infektion im Genitalbereich Abstriche aus der Scheide und dem Gebärmutterhals, die auf verschiedene Erreger hin untersucht werden können. Das Vorliegen einer Harnwegsinfektion wird hingegen meist durch eine Urinuntersuchung diagnostiziert.
Im Rahmen einer Blutuntersuchung kann der behandelnde Arzt zudem sehen ob, eine frische oder eine bereits länger zurückliegende Infektion vorliegt. Anhand der Antikörperbestimmung kann zudem meist schnell festgestellt werden, unter welcher Infektion die Patientin leidet. Bei der Blutuntersuchung können zudem meist auch die Erreger der Erkrankung direkt bestimmt werden. Bei bestimmten Erregern ist es auch sinnvoll, eine Infektion des Kindes sicher auszuschließen. Dazu kann sowohl Nabelschnurblut (Chordozentese) oder Fruchtwasser (Amniozentese) entnommen werden. Hinweise auf eine Schädigung des Kindes kann auch die Durchführung einer Ultraschalluntersuchung ergeben.
Mit Hilfe des CTGs (Cardiotokogrammes) können zudem die kindlichen Herztöne aufgezeichnet werden, um eventuelle Beeinträchtigungen festzustellen. Ist das ungeborene Kind erkrankt oder in seiner Entwicklung verzögert, sind die Herztöne meist verlangsamt. Die so genannte Chorionzottenbiopsie kann ebenfalls als diagnostisches Mittel genutzt werden, um eine Erkrankung des ungeborenen Kindes zu diagnostizieren oder auszuschließen. Da sie jedoch ein sehr invasiver Eingriff ist, sollte sie nur bei gezieltem Verdacht auf bestimmte Erkrankungen durchgeführt werden.
Besonders Infektionen, die für das ungeborene Kind lebensbedrohlich werden können, sind in Deutschland eher selten geworden. Dies liegt vor allem an der Einführung verschiedener Impfungen, sowie an zusätzlichen Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge. Um kein Risiko für eine vorgeburtliche Infektion des ungeborenen Kindes einzugehen, empfehlen viele Frauenärzte dennoch, etwa einen Monat vor der Geburt einen Scheidenabstrich durchführen zu lassen. So kann festgestellt werden, ob die Scheide mit B-Streptokokken besiedelt ist. Ist dies der Fall, bekommt die Mutter als Prophylaxe während der Geburt ein Antibiotikum verabreicht. Nur wenn medizinische Verdachtsmomente auf einen Streptokokkenbefall der Scheide bestehen, ist der Scheidenabstrich eine Kassenleistung. Sonst kostet er etwa 45 Euro.
Besonders wenn eine Schwangerschaft bereits im Voraus geplant wurde, kann anhand verschiedener Blutuntersuchungen bereits im Voraus festgestellt werden, ob die werdende Mutter mit bestimmten Erregern infiziert ist. Ist dies der Fall, kann die Infektion bereits vor Eintreten der Schwangerschaft behandelt werden und für das Kind besteht somit keine Gefahr mehr. Stellt der Arzt eine fehlende Immunität gegen Toxoplasmen bei der Patientin fest, sollte sie im Verlauf der Schwangerschaft in jedem Fall den Umgang mit Katzen und den Kontakt mit rohem Fleisch meiden, um eine Infektion zu verhindern. Auch einer Infektion mit Listerien kann so relativ gut vorgebeugt werden.
Es ist zudem sinnvoll, bei jeder Frau mit Kinderwunsch den Impfstatus gegen Röteln zu überprüfen. Ist dieser nicht ausreichend sollte die Patientin noch vor dem Eintritt einer Schwangerschaft gegen Röteln geimpft werden. In der Schwangerschaft darf eine Impfung hingegen keinesfalls vorgenommen werden, da durch die Verabreichung des Impfserums in seltenen Fällen so genannte Impfröteln auftreten können, die bei Schwangeren ähnlich schwere Komplikationen wie die echten Röteln auslösen.
Besteht der Verdacht, dass sich das ungeborene Kind mit einem Erreger infiziert hat, muss dieser gezielt behandelt werden:
Letzte Aktualisierung am 29.03.2021.