Eine Muttermundschwäche (Zervixinsuffizienz) ist die Bezeichnung für eine Schwäche des Gebärmutterhalses beziehungsweise eine vorzeitige Erweiterung des Muttermundes in der Schwangerschaft. Der etwa fünf Zentimeter lange Gebärmutterhals (Zervix) ist der untere Teil der Gebärmutter, der die Öffnung zur Scheide, den so genannten Muttermund, enthält. Die Zervix stellt somit die Verbindung der Gebärmutter in die Scheide dar. Die Öffnung ist von einer dicken Schleimhaut umgeben, die etwa drei cm weit in das Scheidendach vorragt. Im Normalfall ist diese Öffnung sehr eng, um ein Aufsteigen von Keimen in die Gebärmutter zu verhindern. Zudem ist ein weitestgehend geschlossener Muttermund die Voraussetzung für einen ungestörten Verlauf der Schwangerschaft. Er soll sich erst öffnen, wenn die Reifung des Kindes etwa ab der 36. Schwangerschaftswoche abgeschlossen ist und die Geburt beginnen kann. Während der Geburt wird die Zervix dann unter dem Einfluss des Hormons Prostaglandin weicher und verkürzt sich. Sie öffnet sich während der Wehen und hat beim Durchtritt des Babykopfes einen Durchmesser von über zehn cm.
Vor der ersten Geburt ist die Form des Muttermundes typischerweise noch grübchenförmig rund, nach einer Schwangerschaft hingegen meist quer gespalten. Eine Muttermundschwäche kommt am häufigsten zwischen dem vierten und sechsten Schwangerschaftsmonat vor. Die Folge kann eine Fehlgeburt oder eine sehr unreife Frühgeburt sein. Etwa ein Prozent aller Fehlgeburten wurden durch eine Muttermundschwäche verursacht.
In den meisten Fällen von Muttermundschwäche bei Schwangeren ist die Ursache nicht genau bekannt. In einigen Fällen lässt sich der Defekt des Muttermundes auf eine Operation, eine Bindegewebsschwäche, Komplikationen des Muttermundes in vorausgegangenen Schwangerschaften oder eine Infektion zurückführen. Ein Verdacht auf Zervixinsuffizienz wird bei Patientinnen gestellt, die mindestens zwei Fehlgeburten nach der 15. Schwangerschaftswoche oder sehr unreife Frühgeburten hatten. Weitere Risikofaktoren für die Entstehung einer Muttermundschwäche sind:
Eine Zervixinsuffizienz tritt häufig bereits zwischen der vierten und sechsten Schwangerschaftswoche auf. Die Betroffenen Frauen haben in den meisten Fällen keine Beschwerden. Unter Umständen können erste Anzeichen, wie Schmierblutungen, ein Druckgefühl im Unterbauch oder das Auftreten von Vorwehen in den ersten Wochen der Schwangerschaft auf die Gefahr einer Muttermundschwäche hinweisen. Bei der vorzeitigen Öffnung des Muttermundes besteht die massive Gefahr einer Fehlgeburt oder einen sehr vorzeitigen Frühgeburt.
In vielen Fällen wird eine Zervixinsuffizienz leider erst nach der ersten Früh- oder Fehlgeburt diagnostiziert. Anhand der so genannten Zervixreife können Aussagen über den Verlauf und das Stadium des Geburtsvorganges gemacht werden. Dazu beurteilt der behandelnde Arzt:
Diesen Parametern wird mit Hilfe des so genannten Bishop-Scores ein Wert zugewiesen, der mit dem Stadium des Geburtsvorganges korreliert. Die so genannte transvaginale Ultraschalluntersuchung ist heute die zuverlässigste Methode um eine Muttermundschwäche frühzeitig festzustellen. Zudem kann der behandelnde Gynäkologe eine Tastuntersuchung durchführen um die Öffnung des Muttermundes anhand des Bishop-Scores genauer zu beurteilen. Beträgt der Durchmesser des Muttermundes vor der 33. Schwangerschaftswoche weniger als 2,5 Zentimeter, droht eine Frühgeburt.
Schmierblutungen, vorzeitige Wehen oder Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft müssen nicht immer auf eine Zervixinsuffizienz hinweisen. Das Auftreten von Vorwehen ist in den meisten Fällen als normal anzusehen und die Gebärmutter kontrahiert sich im Verlauf der Schwangerschaft häufig aufgrund von Hormonumstellungen. Schmierblutungen oder Unterbauchschmerzen können hingegen auch aufgrund von Entzündungen im Bereich der Zervix, Risse im Bereich des Muttermundes oder Tumoren im Unterbauch auftreten.
Beim Verdacht oder ersten Anzeichen einer Muttermundschwäche sollte die werdende Mutter in jedem Fall zunächst Bettruhe einhalten. Unter Umständen kann es der behandelnde Arzt auch für notwendig befinden, zunächst eine stationäre Überwachung im Krankenhaus anzuordnen. Eventuell bestehende Infektionen im Bereich des Muttermundes werden mit Antibiotika behandelt.
Eine prophylaktische Behandlung der Zervixinsuffizienz in Form eines operativen Muttermundverschlusses (Cerclage) ist sehr umstritten. Dabei wird der Gebärmutterhals unter Narkose etwa im vierten Schwangerschaftsmonat zugenäht, indem ein Kunststoffbändchen mit wenigen Stichen um den Gebärmutterhals gelegt wird. Diese Naht wird dann wie ein Tabaksbeutel zugezogen und erst ein bis zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin wieder entfernt.
Es ist derzeit auch möglich, statt der Cerclage ein so genanntes Cerclage-Pessar einzusetzen. Ein Cerclage-Pessar ist ein Ring aus weichem Gummi, der ohne Narkose über dem Muttermund gestreift wird. Patientinnen, denen eine Cerclage gelegt oder ein Cerclage-Pessar eingesetzt wurde, wird bis zur Geburt von Geschlechtsverkehr sowie von sportlicher Betätigung abgeraten. Zudem erhalten sie in den meisten Fällen wehenhemmende Medikamente, um ein vorzeitiges Einsetzen der Wehen zu verhindern.
Bei rechtzeitiger Diagnose einer Zervixinsuffizienz ist die Prognose in der Regel gut. Häufig wird diese jedoch erst nach einer bereits erfolgten Fehl- oder Frühgeburt erkannt. Wird die Muttermundschwäche ausreichend behandelt kann jedoch in der Regel eine normale Schwangerschaftsdauer erreicht werden.
Letzte Aktualisierung am 27.04.2021.